Montag, 17. März 2014

Günstig und Fair – Kann das sein?


Die Ausbeutungsstrukturen unserer Kleidungsindustrie sind kein Geheimnis. ArbeiterInnen in Südasien müssen 14-Stunden-Schichten  in lebensgefährlichen Fabrikgebäuden schuften, für einen Hungerlohn, der oft nicht einmal das Überleben sichert. Es ist kein Geheimnis. Wohl aber ist es ein Thema, das nicht gern angesprochen wird. Wir Shoppen halt so liebend gern und wollen nicht über die Konsequenzen nachdenken. Alternativen sind uns häufig zu teuer oder unbequem. Denken wir zumindest. Was aber wenn es günstige, einfach erhältliche, fairtrade Kleidung gibt?

Die Seite www.grundstoff.net wirbt damit, ökologisch hochwertige fairtrade Kleider von verschiedenen Anbietern zu verkaufen. Der Versand ist kostenfrei und die Preise  oft verblüffend günstig. Einen Dreierpack tanktops können wir für 21 Euro erwerben, sweatshirts gibt es ab 30 Euro und Turnschuhe für 40 Euro. Solche Preise sind kaum höher als bei den üblichen Textilgiganten und der Versand mindestens so unkompliziert. Man kann mit Kredikarte, per Banküberweisung (Vorkasse) oder durch Sofortüberweisung bezahlen, die Kleider werden zügig geliefert und der Retourenbegleitschein liegt schon mit dabei. Günstig und fair. Klingt fast zu gut um wahr zu sein.

Die verschieden Hersteller bei Grundstoff haben tatsächlich jeweils unterschiedliche Kriterien und Siegel durch die wir uns erst einmal wühlen müssen. Fast alle haben das Global Organic Textile Standard (GOTS) Siegel, das überprüfen soll, dass 90% des Materials aus Naturfasern besteht und verbindlich die ILO-Kernarbeitsnormen durchsetzt. Diese Normen schließen unter anderem Kinderarbeit aus, legen die wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 48 Stunden fest und verlangen einen existenzsichernden Lohn. Einige Hersteller bei Grundstoff haben das Fairwear- oder Fairtrade-Siegel, die beide umfassende soziale Standards überprüfen. Die Übersicht über die Hersteller, die Kriterien ihrer Arbeitsbedingungen und ihre Siegel ist sehr übersichtlich in einer Liste bei Grundstoff ausgeführt. Günstig und fair scheint also möglich zu sein. Nur wie kann das sein?

Ein wenig Aufschluss bei der Frage gibt die Organisation medico international im Zusammenhang mit ihrer Kampagne für Saubere Kleidung (http://www.medico.de/material/artikel/cool-aber-toedlich/4461/). In einer Kostenkalkulation europäischer Textilfirmen veranschaulicht sie, wie die 'normalen' Textilgiganten rechnen. Während nur 1% der Einnahmen für die Lohnkosten der ArbeiterInnen gerechnet werden, sind 25 % der Einkünfte für Markenwerbung, 11% für Transport und Steuern und 50% für Einzelhandelskosten und für den Gewinn veranschlagt. Mit dieser Rechnung wird ein wenig verständlicher, wie es sein kann, dass kleine Betriebe ihre Kleidung mit gerechteren Löhnen herstellen und trotzdem so günstig anbieten können. Ein Löwenanteil von Werbung und Einzelhandelskosten fällt ja bei ihnen weg.

Günstig und fair scheint also möglich zu sein und Seiten wie Grundstoff.net eine relativ unkomplizierte Alternative zu unseren geläufigen Textilgiganten zu bieten. Auch hier müssen wir zwar immer wieder nachhaken und die Siegel überprüfen und kritisieren. Im Vergleich zu den Alternativen aber scheint es das kleinere Übel zu sein.


Zum Nachlesen über die Siegel und ihre Kriterien:http://www.ci-romero.de/gruenemode-fwf/


Zur Kampagne für Saubere Kleidung:  http://www.saubere-kleidung.de/


(Gastbeitrag von Lisa Schweiger)